"Schule und Sport ist im Internat gut unter einen Hut zu bekommen" von Manfred Scholz
Sie hatte ihn leid, den täglichen Spagat zwischen Schule und Sport. Deshalb ist die erfolgreiche 15-jährige Deborah Brodersen von der LG Weserbergland, die Deutsche Vizemeisterin im Siebenkampf der Schülerinnen von ihrem Wohnort in Rinteln und der Trainingsstätte in Hameln zum Schuljahresbeginn in das Vollzeitsportinternat des Landessportbundes nach Hannover gewechselt.
"Täglich zwei Stunden habe ich für den Weg von und zum Training gebraucht, das war einfach zuviel“, erzählt Brodersen in ihrem schönen Zimmer auf dem Internatsgelände im Sportpark Hannover, das sie mit der ein Jahr älteren Weitspringerin Neele Eckhardt vom TSV Asendorf teilt. „Wir gehen beide in die gleiche Klasse des Gymnasiums Humboldtschule in unmittelbarer Nähe, werden hier gut verpflegt und nach den Schularbeiten sind wir in fünf Minuten beim Training nebenan im Sportleistungszentrum“. Damit hat sie Schule und Sport, so sagt sie, unter einen Hut bekommen und was ihr wichtig war, für die Schule wieder mehr Zeit zur Verfügung. Im Internat lebt sie mit 32 Sportlern, sieben davon sind Leichtathleten, zusammen. „Ich fühle mich hier sehr wohl, es ist alles sehr familiär und alle sind hier sehr nett“. Gewöhnen musste sie sich an die Belastung von nun sechs, statt bisher vier Trainingseinheiten. Hohe Belastungen, allerdings auch mit viel Spaß brachten die vier Tage beim DLV Kaderlehrgang in Heidelberg zusammen mit der deutschen Siebenkampf-Elite der Frauen und ihrer zukünftigen Trainerin Beatrice Mau.
Lob gibt es auch vom Landestrainer Frank Reinhardt, der sie bisher in Hannover betreut: „Deborah hat sich hier gut eingelebt und in die Trainigsgruppe eingebracht. Ihre Defizite vor allem im Sprung-koordinativen Bereich hat Deborah seit August erheblich verbessert. Besonders der Transfer gelingt ihr sehr schnell, sie ist in der Lage, Gesagtes sehr schnell umzusetzen und ist mit dieser Fähigkeit auch beim Bundes-Kaderlehrgang positiv aufgefallen“. Einige Umstellungen wird es für sie im den Disziplinen des Siebenkampfes geben mit dem Übergang von der Schülerklasse zur B-Jugend. So wird die Kugel um ein Kilo schwerer, die Hürdenabstände verändern sich und die Sprintstrecken werden länger. „ Aber ich traue mir auch zu, in der neuen Klasse wieder vorn mitzumischen. Wir wollen mal schauen, im nächsten Jahr ist die U18 Weltmeisterschaft im italienischen Brixen und wenn ich mich dafür qualifizieren kann, wäre ein internationaler Auftritt auch sehr schön“, hat Brodersen klare Ziele im Auge. Durchaus gute Chancen für eine Qualifikation sieht auch ihr Trainer Frank Reinhard, der sie natürlich behutsam aufbauen möchte, allerdings wäre er Brodersen nicht böse, wenn es bei der Quali im nächsten Jahr in Ratingen, wo sie 5200 Punkte erreichen muss, nicht klappt. Ihre Defizite sieht sie realistisch und will daran arbeiten. Leistungssteigerungen sieht sie im Speerwurf, Sprint und in der allgemeinen Technik. Die längeren Hürdenabstände kommen ihr entgegen bei ihrer Körpergröße von 1,80m. Im Hochsprung gilt es den eigenen Landesrekord von 1,80 Meter zu festigen und im Weitsprung ist auch noch mehr drin. Ihr ganz großes Ziel, die olympischen Spiele 2012 in London, hat die Sportlerin des Jahres 2007 auch weiterhin fest im Kopf, besonders deshalb, weil sie durch ihren britischen Vater dort Verwandtschaft hat. In den nächsten zwei Wochen steht für „Debbie“, wie sie von ihren Freunden gerufen wird, erst mal ein berufliches Praktikum an. Danach steht dann ihre neue Mehrkampftrainerin Beatrice Mau, die ab Januar beim NLV fest angestellt wird und sie auch bei Wettkämpfen betreuen wird, ganz zu ihrer Verfügung. Es werden noch weitere niedersächsische Mehrkämpfer zu dieser Gruppe stoßen und einen neuen Landeskader bilden. In ihrer Freizeit, davon hat sie inzwischen auch mehr als bisher, schaut sich gern die Geschäfte der hannoverschen Innenstadt an und von der neuen Ernst-August-Galerie ist sie echt begeistert. Heimweh hat sie nicht: „aber meine Freundinnen und Trainingskameradinnen Monja, Marie, Vera, Julia und meine alten Schulfreunde aus Rinteln vermisse ich schon, auch wenn wir oft „simsen“ oder telefonieren“.